Drohende Verluste – Überlegungen eines Architekturhistorikers- oder: St. Raphael war nur der Anfang

03Apr2006

Die Kirche im Dorf lassen. Über die Zukunft unserer Kirchen

Montag, 3. April 2006 · 19:30 Uhr · Einlass: 19:00 Uhr | Domforum, Domkloster 3, 50667 Köln | Veranstalter: Architektur Forum Rheinland e.V. Im vergangenen Sommer wurde über Nacht die Kirche St. Raphael in Berlin-Gatow, ein Werk des großen Kölner Kirchenbaumeisters Rudolf Schwarz, dem Erdboden gleichgemacht. Stattdessen soll dort ein Supermarkt entstehen. Dieser Abriß eines neueren Sakralbaus war nicht der erste, und er wird nicht der letzte bleiben; aber er hat die Öffentlichkeit alarmiert. Allein die Ruhrdiözese Essen kündigt die Veräußerung von 96 Kirchen an, mehr als ein Viertel ihres Bestandes. Der Verzicht auf sakrale Bauten - katholische wie evangelische - muß nicht notwendigerweise ihr Ende bedeuten. Neue Nutzungen zu finden und mit dem Baubestand zu vereinbaren, wird zu einer Aufgabe, für die es bereits vorzügliche Vorbilder gibt. Denn mit den Kirchenbauten gehen nicht nur Gotteshäuser verloren, die durch besondere Würde ausgezeichnet sind. Es stehen Orte auf dem Spiel, mit denen sich biografische Erinnerungen vieler Bürger verbinden, die städtebauliche Kristallisationspunkte bilden, Orte, an die sich soziale Netzwerke knüpfen, die urbane Identitätszeichen darstellen. Gefährdet sind damit auch bauhistorische Dokumente. Vielfach trifft das Verdikt Bauten der 1950er und 60er Jahre, die in den Vorstädten und Großsiedlungen entstanden - das beste an Architektur, was die Epoche hervorgebracht hat. Mit diesen Zeugnissen einer oftmals noch ungeliebten Moderne wird eine ganze Kulturschicht in Frage gestellt. Referent: Prof. Dr. Wolfgang Pehnt, Architekturhistoriker, Ruhr-Universität Bochum